Sein und Werden – das Mysterium der Schöpfung

– Das Mysterium der Schöpfung –

 „I have separated Myself from Myself in order to experience Myself.[1]

In einem Seminar zu philosophischen Thesen, wie das »Böse« – als Teil der Schöpfung – in die Welt gekommen sein könnte, erwähnte ich obiges Zitat Sathya Sai Babas und war erstaunt, von dem Dozenten zu hören, das sei doch „unverwechselbar Hegel“. Hegel? Ich dachte: Sathya Sai Baba! Neugierig geworden, machte ich mich auf die Suche und fand verblüffend ähnliche Aussagen zum Zitat Sai Babas in der abendländischen Philosophie.

 Worum geht es?

 Es geht um den Vergleich und die Parallelität

– der vedischen Aussagen zum Advaita-Vedanta, „dem umgreifenden Wahrnehmen des Göttlichen als des Einen-ohne-ein-Zweites“,

 – zur Ontologie, der Wissenschaft vom Seienden, wie sie im Denken der frühen griechischen Philosophen Parmenides, Platon und Aristoteles ihren Anfang nahm und sich bis zu den erstaunlichen Thesen Hegels entwickelt hat.

 Inhaltlich geht es um das »Sein«, das untrennbar Eine, die in sich ruhende unbegrenzte Fülle und die in sich selbst eigenschaftslose Grundlage aller Erscheinungen, und das »Werden«, die Erscheinung des Seienden in der Welt[2], – und um die Frage der Identität zwischen »Sein« und »Werden«[3]:

 „Im Universum existiert nichts außer dem Selbst. Alle Dinge, die ihr in der Welt der Erscheinungsformen als existent anseht, sind nur Reflexionen des einen Selbst.(4)

 In den frühen Darstellungen der griechischen Philosophie wird von einem »Sein« und einem »Werden« berichtet, das uns so erscheinen mag, als ob die Erscheinungen des Seienden etwas vom Sein Getrenntes seien, und nicht so, als ob der Schöpfer „sich von sich selbst getrennt habe, um sich selbst in der Schöpfung zu erfahren“. Sollen wir uns Schöpfer und Schöpfung getrennt vorstellen, bestenfalls im essentiellen Sein gleich, nicht aber in ihrer Ausprägung in der Welt der Erscheinungen? Findet das Werden etwa außerhalb des Seins statt?

 Darstellungen und Überlegungen zum »Sein« und »Werden« als abstrakte Denkmuster sind ja „schön und gut“. Aber was tragen sie zum Verstehen des Lebens bei? Wenig! Die umfassend bewegende Sinn-Erfahrung kommt erst, wenn wir unser Leben als das Leben Gottes in uns begreifen, als das Zur-Welt-Kommen Gottes durch uns:

„Der Mensch weiß nur von Gott, insofern Gott im Menschen von sich selbst weiß; dies Wissen ist Selbstbewusstsein Gottes“ und „Das Wissen von Gott muss zu einem Sich-Wissen in Gott werden.“[5]

Mit solchen Aussagen lässt uns Georg Wilhelm Friedrich Hegel, 1770-1831, aufhorchen, der in seinen Vorlesungen zur Wissenschaft der Logik und zur Philosophie der Religion völlig neue Perspektiven zum »Sein« und »Werden« eröffnet und uns das Werden Gottes in der Welt als den „ungeheuren Gang Gottes zum vollendeten Selbstbewusstsein“[6] beschreibt.

 Für Hegel stehen sich das unbegrenzte Eine und die erscheinende Vielfalt nicht diametral gegenüber. Denn das Unendliche – wäre es getrennt von sich selbst – würde an das Endliche grenzen, und wäre damit wiederum begrenzt und endlich.

 Das wahrhaft Unendliche müsse vielmehr so gedacht werden, dass es das Endliche mit umgreift, als die „Einheit des Endlichen und Unendlichen, die Einheit, die selbst das Unendliche ist, welches sich selbst und die Endlichkeit in sich begreift.[7]

„Gott ist der absolute Geist. Alles, was wir vor uns sehen, nicht nur der Mensch und die Geschöpfe seines Geistes, sondern auch die Dinge, die Berge, Tiere und Pflanzen, kurz, die ganze Natur ist im Grunde Geist. Das Geistige allein ist das Wirkliche.“[8]

 Genau dies bestätigt Sathya Sai Baba:

 „Gott ist die materielle Grundlage der Schöpfung, des Kosmos, des Universums. Er ist die Substanz. Er ist aber auch die bewirkende Ursache. Er ist sowohl transzendent als auch phänomenal, sowohl ‚Sein‘ als auch ‚Werden‘.“[9]

„Brahman ist nicht nur Sein ? sat ? sondern auch bewusstes Sein ? cit.[10]

 „Wenn dieses unveränderbare, transzendente und immanente Brahman sich entscheidet, zu ‚werden‘ anstatt zu ’sein‘, bezeichnet man dies als ‚Gott‘, ‚Ishvara‘ oder als ‚Allmächtiger‘. Die göttliche Grundlage all dessen, was ist, ist das spirituelle Absolute, das Paramātman oder Überselbst genannt wird. Ebenso ist es die Grundlage, die Basis, der Ursprung, die Realität des Menschen.

 Aber trotz des ‚Werdens‘, das nur die Illusion der Vielfältigkeit des einen Seins vortäuscht, bleibt es das Eine.? [11]

 Aus ähnlichen Überlegungen heraus entwickelt Hegel seine Gedanken zur „notwendigen Entäußerung des Göttlichen“, den Weg Gottes auf der Suche nach sich selbst.

 Welchen Grund könnte das göttliche Sein überhaupt haben, sich zu „entäußern“ und sich in der Schöpfung einer unvollkommenen Welt zu „verendlichen“?

 Die Frage nach dem göttlichen Grund kann eigentlich nur spekulativ beantwortet werden. Denn, wie könnte der Mensch als Abbild Gottes die tiefsten Wurzeln göttlichen Denkens begreifen?

 „Wenn Sie herausfinden wollen, warum Gott tut, was er tut, dann will doch tatsächlich ein erschaffenes Objekt den Willen des erschaffenden Subjektes herausfinden. Wie könnte das sein?“[12]

 Dass die Welt die Darstellung Gottes in seiner Selbstentfremdung sei, will Hegel dennoch an der Welt selber, so wie sie sich uns zeigt, deutlich machen. Die Welt und die Natur auf der einen und der menschliche Geist auf der andern Seite müssen als Darstellung Gottes begriffen werden:

„In diesem philosophischen Blickpunkt wird der menschliche Geist, der die Natur erkennt, als das Anschauende in Gott verstanden. Die Natur aber, die vom menschlichen Geist erkannt wird, wird zum Angeschauten dieses göttlichen Anschauens; sie ist ?der absolute Geist als das Andre seiner selbst?.“

 „Was wir also als Natur, als die Dinge, erblicken, ist in Wahrheit Gott selber, aber Gott, wie er sich als ein Fremdes anschaut. Die im menschlichen Geiste anwesende Gottheit erkennt sich selber.“

Und: „Nun ‚muss‘ Gott einsehen, daß er als der Anschauende und als der Angeschaute ein und derselbe ist. Die Selbsterkenntnis Gottes ist der innerste Sinn alles dessen, was sich auf der Ebene des menschlichen Geistes vollzieht.? [13]

Soweit Hegels ungeheuerliche Gedanken zur „Selbstentfremdung“ des Göttlichen, zur Wahrnehmung seiner selbst im Menschen und zur Rückkehr Gottes zu sich selber.

 Ähnlich beschrieb Ramesh S. Balsekar, der erst kürzlich verstorbene indische Advaita-Meister, den Prozess der Bewusstwerdung des göttlichen Seins in der Manifestation:

Aus dem Noumenon, der reinen Subjektivität, der phänomenalen Leere, entstehe kraft göttlicher Energie ein anfänglich unpersönliches Gewahrsein von Existenz, „ich bin“.

 „Wenn sich das unpersönliche Bewusstsein selbst manifestiert und sich mit der physischen Form identifiziert, entsteht die ‚Ich-Vorstellung'“.

„Mit dem Entstehen der ‚Ich-bin-heit‘ spiegelt es sich selbst im phänomenalen Universum wider. Um sich selbst wahrzunehmen, vergegenständlicht sich das Noumenon und erscheint als Phänomenalität. Die Phänomenalität ist nicht vom Noumenon verschieden, sondern ist das Noumenon in dessen objektivierter Form selbst.“[14]

 „Das Unmanifestierte, der Ursprung allen Lebens, offenbart sich in der Vielfältigkeit der Manifestationen, und die Basis dafür ist Dualität.“[15]

„Dualität ist lediglich das Medium, durch das die Manifestation stattfindet. ‚Dualismus‘, der das ‚Ich‘ und die ‚anderen‘ erschafft, ist eine Verfälschung der Dualität.“[16]

Die Dualität mit ihren Konzepten von »Raum« und »Zeit« ist die Grundlage aller Manifestation. Mit ihr unverbrüchlich verbunden ist die Bipolarität aller Wahrnehmungen ? das „sowohl als auch“ von gut und böse, Freund und Feind, Glück und Leid. Dualität und Bipolarität sind die notwendigen Voraussetzungen, damit sich das Göttliche in der Schöpfung sich selbst gegenüber stellen und sich in seiner umfassenden Fülle wahrnehmen kann.

„Gutes und Schlechtes existieren gemeinsam. Niemand kann sie voneinander trennen. Ihr könnt Gutes oder Schlechtes nicht unter Ausschluss des anderen finden.“[17]

Dualismus, die auf Täuschung basierende Verfälschung der „natürlichen“ Dualität, ist „das Zuviel“ an wertender Unterscheidung, das den Menschen in Unwissenheit bindet.

Warum fällt es uns so schwer, diese Gedanken zur Einheit des Göttlichen mit allem Erscheinenden nachzuvollziehen und zu akzeptieren? Warum fällt es uns immer noch so schwer, uns als instrumentales Objekt des Göttlichen anzuerkennen, den Glauben an unser autonomes Wollen und wertendes und ausgrenzendes Denken und Unterscheiden aufzugeben?

 Maya und das Missverständnis des Ich

 Der nicht erklärbare Wille Gottes, sich selbst in der Dualität in allen denkbaren Ausprägungen erleben zu wollen, verdichtet sich in einem physisch/psychischen »Wahrnehmer«, um – in ihm und durch ihn – die dem Göttlichen in seinem absoluten Potential nicht erfahrbare Erscheinungsbreite auszudrücken. „Das Eine beschloss, viele zu werden“, offenbart uns Sai Baba.[18]

 Schade nur, dass dieser »Wahrnehmer« aus einer anfänglich korrekten Objekt-Erfahrung, aus dem „ich bin, dem unpersönlichen Gefühl, gewahr zu sein“[19] eine »Ich-Illusion« entwickelt und sich als unabhängig handelndes Subjekt missversteht.

 Wir, die »Wahrnehmer«, entwickeln eine überzogene Egozentrik, sehen uns als getrennt und autark agierende Subjekte – „ich bin dies“, wollen dieses und wollen jenes nicht und leben in den Konzepten von „ich“ und „mein“.

 „Solange in euch das Empfinden von ‚ich‘ und ‚mein‘ lebt, wird euch ahamkāra, die irrtümliche Identifikation mit dem Körper, nicht verlassen. Solange euch ahamkāra nicht verlässt, kann auch die Unwissenheit, ajnāna, nicht weichen.“[20]

 Im Alltagsleben, auf der Ebene der sinnlichen Wahrnehmungen, dürfen wir uns durchaus als Personen mit individuellen Erfahrungen, Vorstellungen, Wünschen und Absichten fühlen, aber auf einer inneren, dem Selbst zugewandten Erfahrungsmöglichkeit, verpassen  wir möglicherweise die Chance, unsere Einheit mit dem Göttlichen und -? mit unserer Teilhabe am alles durchdringenden Göttlichen – unsere Einheit mit der Schöpfung insgesamt zu erfahren.

 Was hindert uns, dieses Einheitserlebnis als einzig wahr zu erkennen?

 Aus einem für uns unergründlichen Ratschluss hat das Göttliche uns, seine Geschöpfe, in Maya, die Illusion, in den Schleier der Täuschungen gehüllt.

 „Māyā ist eine Komponente des Einen, durch die Betonung dieser Komponente hat das Eine sich selbst in die Vielen transformiert.

Die Tatsache, dass das Wirkliche mit Name und Form in Erscheinung tritt, ist die Folge der Wirkungskraft des Maya-Prinzips.“[21]

 Das Göttliche hat uns in einen Schleier gehüllt, der uns anfänglich und umfänglich daran hindert, uns und die Welt und die Essenz des Göttlichen so wahrzunehmen, wie sie in ihrer letztlichen Natur sind: als Erscheinungen des Einen in der Vielfalt.

„Die Vorstellung vom Absoluten (Brahman) wird durch Täuschung (Māyā) und Unwissenheit (Ajnāna) entstellt“[22]

Aber: „Statt zu versuchen, die Schöpfung zu ändern, sollte der Mensch seine Sichtweise ändern.“[23]

 Erst wenn die falsche Sichtweise, die „göttliche Hypnose“ als Triebfeder der getäuschten Wahrnehmung, schwindet und Wahrheit erkennbar wird, verändert sich auch das bisherige „hypnotisch gestörte“ Handeln:

„Wenn die Schöpferkraft (Māyā) uns in die Sāttvika-Stimmung dieses göttlichen Willens hineinzieht, werden wir zunehmend Sucher der höheren Weisheit (Jnāna), welche die Einheit offenbart.“[24]

Und dann kann es gelingen, das Ende von Māyā zu erkennen:

 „Wann wird sie enden? Sie wird enden, wenn die objektive Welt ignoriert, beiseite geschoben, verleugnet wird oder aber, wenn entdeckt wird, dass sie dem Göttlichen immanent ist. Dann ist das Individuum (jiva) nicht mehr; wenn Jiva nicht mehr ist, wird Ishvara überflüssig und verschwindet. Und wenn Ishvara verblasst, ist allein Brahman.“[25]

 Wir als das göttliche Instrument verlassen dann die bisherige weltliche Ebene des bipolar orientierten, nach unseren Wertungen unterscheidenden Denkens und Handelns und führen in zunehmendem Maße nur noch das aus, was Gott ist und letztlich in uns bewirken will: Wahrheit und Liebe.

 „An einem bestimmten Punkt in der Gesamtheit des Funktionierens erschafft die Evolution in einigen Körper-Mind-Mechanismen einen Funken, um die eigene, wahre Natur zu finden: Selbsterforschung beginnt.

 Das personifizierte Bewusstsein erkennt den Irrtum seiner Identifizierung mit dem Objekt (als das Pseudo-Subjekt) und erwacht zu seiner wahren Natur der Universalität“[26]

Dieser letzte und erlösende Schritt zur richtigen und befreienden Sicht auf die Wirklichkeit der Person ist nicht das Ergebnis unseres vermeintlich autarken Wollens, sondern vollzieht sich als göttlicher Gnadenakt!

 Erleuchtung: Der Weg aus der Begrenzung des Seienden

 „Es durchströmt mich nur das Bewusstsein, dass das, was ich sonst immer und überall in meinen Gedanken ‚ich‘ genannt habe, nur eine Illusion war. Ich verliere mich selbst, und das erlebe ich nicht etwa als Verlust, sondern es kommt mir im Gegenteil wie eine Befreiung und Bereicherung vor. Denn ich erkenne zugleich, dass ich viel mehr bin als das erbärmliche Ego, um das ich mir bisher immer solche Sorgen gemacht habe. Ich bin nicht nur ich selbst, sondern auch die Hochebene, die mich umgibt, das ganze Land, ja, alles, was existiert, von der kleinsten Blattlaus bis zu den Galaxien am Himmel. So einfach lässt sich das sagen. Alles ist ich, denn ich bin es, der das alles ist.“[27]

 So beschreibt zum Beispiel der norwegische Schriftsteller Jostein Gaarder, wie sich ein Erleuchtungserlebnis darstellen könnte. Wohl jeder spirituelle Sucher sehnt sich nach dieser Erfahrung!

 Nur ist es nicht das vermeintlich selbstmächtige „kleine“ Ich, das diese Erleuchtung herbeizaubern könnte, sondern das in uns wirkende Sein, das – wenn und wann es göttlicher Wille ist -diese Erfahrung in uns als Person, als Erfahrungsgrundlage, in Gang setzt.

 „Das illusorische Ego, das keine wirkliche Existenz besitzt, kann nicht irgendetwas ‚tun‘, um irgendetwas zu ‚erreichen‘.

Erleuchtung kann nur stattfinden, wenn Zeit, Ort und der psychosomatische Mechanismus darauf abgestimmt sind, es zu empfangen. Das Ereignis ist Teil des großen göttlichen Plans.

 Bedeutet dies dann, dass der Mensch als ein Individuum gar keinen aktiven Anteil am Aufleuchten des Verstehens hat, sei es denn als ein Mechanismus? Genauso ist es.“ [28]

 Natürlich „braucht“ das Göttliche für die Manifestation des Erleuchtungsgeschehens die Erfahrungsgrundlage einer Person. Missversteht die Person aber dieses Geschehen als eine eigenmächtig gewollte Erfahrung – ich will Erleuchtung – verblasst diese erlebte Erfahrung.

 Und so muss ich mich denn auch fragen: Was wäre, wenn es für mich – „in persona“ – gar keine Erleuchtungserfahrung gäbe? Wäre es für das Göttliche, das Erleuchtung in uns erfahren möchte, so wichtig? Wohl kaum. Bei der unbegrenzten Fülle seiner Erfahrungsmöglichkeiten, „braucht“ Gott zwar eine Person als Erfahrungsgrundlage. Aber unbedingt mich, diese „besondere“ Person, die sich nach Erleuchtung sehnt?

 Der Sinn des Lebens erkennen

 Auf den Punkt gebracht, kreisen alle spirituellen Überlegungen nur um die drei großen Sinnfragen:

 Woher kommen wir,

warum sind wir hier,

wohin gehen wir?

 Und die Antworten auf diese drei Fragen können – ebenfalls auf den Punkt gebracht – nur lauten:

 Wir kommen von Gott,

wir sind hier, um Gott zu erfahren und

wir gehen zu Gott!

 Wir kommen von Gott und sind hier, um den göttlichen Willen zu erfüllen, um Gott in uns zur Welt kommen zu lassen.

 Wir sind hier, um Gott zu ermöglichen, in uns, als seinen „Erfüllungsgehilfen“, sich selbst und die Fülle seiner Potentiale zu erfahren.

 – Eine Fülle in ihrem ständigen Streben zu immer größerer und verwirrender Komplexität der Erscheinungen.

– Eine Fülle, die in der ungekürzten Bandbreite aller Erscheinungen erfahren werden möchte.

 – Die Fülle, die dennoch „nur“ das Eine ist und bleibt: Das göttliche Eine.

 Das ist der tiefe Sinn der Aussage: „I have separated Myself from Myself in order to experience Myself!“

 Und wohin gehen wir?

 Sobald wir dieses Leben als Gottes Leben erkennen und anerkennen, erleben wir in ehrfürchtigem Staunen „unsere“ Teilhabe an seiner Unsterblichkeit und – wenn die göttliche Gnade es für uns vorgesehen hat – erkennen wir: Wir gehen zu Gott, um zu Lebzeiten oder im Sterben Befreiung und Erwachen zu verwirklichen, die Befreiung aus dem  „Traum der Täuschungen“ und das Erwachen zum Verstehen des wahren Seins. Das Verstehen, dass wir als „Sucher selbst das Gesuchte sind“[29],  dass wir schon angekommen sind!

© Klaus Kück Heidelberg 2011, veröffentlicht in: Sathya Sai Briefe, Ausgabe 116, Frühling 2011, S. 17ff.


[1] Sathya Sai Baba, diese u. ä. Aussagen, z.B. in: Message of the Lord, Prasanthi Nilayam, Indien 2002, S. 343.

[2] Z.B: Parmenides, 540-480 v.Chr., „Sein ist.“ „Was existiert, ist allein das Sein und dieses ist unteilbar, ohne Anfang und Ende, nicht entstanden und nicht vernichtbar, ein unbewegliches, einheitliches, zusammenhängendes Ganzes, in einem Raum, den es ganz einnimmt und ausfüllt“;

 Platon, 427-347 v.Chr., mit der ontologischen Fundierung, dass das » apriorisch Seiende«, das als „ewige, unveränderliche Wahrheit“ dem »Werden«, der „phänomenalen, unvollkommenen Teilhabe der Welt an den Ideen, vorausgeht“;

Aristoteles, 384-322 v. Chr, mit der Formulierung einer ersten Ursache aller Bewegungen in der Natur: „Dieser Beweger, Gott, muss die Ursache seiner selbst sein. Er kann seinen Ursprung in nichts anderem haben als in sich selbst. Er ist der unbewegte Beweger und als solcher das höchste selbständig Seiende.“

[3] Vgl. auch den römischen Philosophen Boethius, ca. 480- 524 n. Chr., der in seinen philosophischen Studien de hebdomadibus zwischen „Sein“ (lat./Infinitiv esse) und „Seiendem“ (lat. id quod est) unterscheidet und versucht, die vermeintliche Polarität von »Sein« und »Werden« zu überwinden.

[4] Sathya Sai Baba, Sommersegen in Brindavan, Band 7, Bonn 1995, S.88f.

[5] Vgl. Hegel-Werke, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Frankfurt a.M. 1970, S. 480.

[6] Wilhelm Weischedel,  Die philosophische Hintertreppe, München 2009, S. 218.

[7] Hegel-Werke, Wissenschaft der Logik I, Frankfurt a.M. 1970, S. 158.

[8] Hegel, zitiert nach: Wilhelm Weischedel, a.a.O., S. 216.

[9] Sathya Sai Baba, Quellen der Weisheit, Dietzenbach 1996, S. 51.

[10] Sathya Sai Baba, Quellen der Weisheit, S. 55.

[11] Sathya Sai Baba, Sathya Sai Baba spricht, Band 10, S. 178f.

[12] Vgl. Ramesh S. Balsekar in: Wen kümmert’s?!, Bielefeld 2002, S. 105.

[13] Hegel, zitiert nach: Wilhelm Weischedel, a.a.O., S. 218f.

[14] Ramesh S. Balsekar, Pointers,  J. Kamphausen Verlag 2002, S. 91

[15] Ramesh S. Balsekar, Und so geschah es, dass.., J. Kamphausen Verlag 2005,  S. 72,  und: The Cosmic Law (DVD)., o.  S.

[16] Ramesh S. Balsekar, Die Lehre erleben, Freiburg i.Br. 1994, S. 91.

[17] Sathya Sai Baba, Weihnachtsansprache vom 25. Dezember 2008.

[18] Sathya Sai Baba, Ansprache vom 25. Dezember 2007.

[19] Ramesh S. Balsekar, Wen kümmert’s?!, a.a.O., S. 34.

[20] Sathya Sai Baba, Sommersegen, Band 7, S. 86.

[21] Sathya Sai Baba, Quellen der Weisheit, Dietzenbach 1996, S. 31.

[22] Sathya Sai Baba,  Ewige Wahrheiten, Dietzenbach 2001, S.127.

[23] Sathya Sai Baba, Ansprache vom 23. November 2005.

[24] Sathya Sai Baba in: Sathya Sai Baba spricht, Band 10, Bonn 1993, S. 180.

[25] Sathya Sai Baba in: Sathya Sai Baba spricht, Band 10, S. 181.

[26] Ramesh S. Balsekar, Die Lehre erleben, Freiburg i.Br., S. 16.

[27] Jostein Gaarder, Die Frau mit dem roten Tuch, München 2010, S. 133f.

[28] Ramesh S. Balsekar, Die eine Wahrheit, Freiburg i.Br. 1999,  S. 209.

[29] Ramesh S. Balsekar, Pointers, a.a.O., s. 91.